Kritik: Robin Hobb – Fool’s Assassin

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Nach sechs Büchern voller Tod, Leid und auch Freude hatte Fitz Chivalric Weitseher seine Ruhestand in Weidenhag wirklich verdient. Mit Fool’s Assassin holt Robin Hobb den Bastardsohn des Weitseher-Throns wieder auf die Bühne des Weltgeschehens. Das wird nicht gut für ihn ausgehen.

Hobb_Fool's_Assassin_kleinVorneweg muss eins gesagt sein: Ein auch nur halbwegs objektives Urteil ist zu diesem Buch von mir nicht zu haben. Denn ich liebe die Chroniken der Weitseher und – natürlich – den Bastard-Assassinen Fitz (und noch ein bisschen mehr: Nachtauge). Seine Geschichte begleitet mich seit (ich hab‘ nachgeschaut) 1996 und sie hat in der Zwischenzeit für mich nichts von ihrer Kraft verloren. Selten habe ich so sehr für einen Hauptcharakter gebangt, geweint oder gewünscht, ihn einmal gehörig am Kragen zu schütteln, um ihn auf den rechten Weg zu schicken.

Auch wenn es den rechten Weg nie gab. Den Robin Hobb ist neben einer Meisterin der lebendigen Charaktere auch eine Meisterin darin, vertrakte Situationen zu schaffen. „Gut oder schlecht“ ist keine Kategorie in ihren Büchern, „Pest oder Cholera“ trifft es eher.

Time is an unkind teacher, delivering lessons that we learn far too late for them to be useful. Years after I could have benefited from them, the insights come to me.
― Robin Hobb, Fool’s Assassin

Deswegen braucht es keine drei Sätze von Fitz als Ich-Erzähler in Fool’s Assassin bis ich seine vertraute Stimme in meinem Kopf höre und sein Gesicht vor Augen habe. Hobb knüpft mühelos dort an, wo sie nach Fool’s Fate (Der weiße Prophet und Der wahre Drache) aufgehört hat. Obwohl seitdem zehn Jahre in unserer Zeit und fast 20 Jahre in den Sechs Provinzen vergangen sind. Hobb steigt mit ihrem gewohnt entspannten Erzähltempo in die Trilogie ein, um dann unvermittelt den Spannungsbogen nach oben zu ziehen. Wir treffen viele alte bekannte Charaktere und erfahren wie es ihnen in den verganenen Jahren ergangen ist. Auch Fitz hat sich verändert, doch braucht es nur ein geringes Kratzen an seiner ruhigen Fassade, um den Assassinen zum Vorschein kommen zu lassen – mit positiven wie auch negativen Konsequenzen. Und wie immer möchte man ihn zwischendurch einfach nur anschreien, weil er so unglaublich sturköpfig und dumm ist.

I was lonely, and a lonely heart has hungers that can overpower both common sense and dignity.
― Robin Hobb, Fool’s Assassin

Fool’s Assassin ist wie ein Ritt auf einem wilden Fluß. Wenn die Geschichte ruhig dahinfließt ist Zeit für die Szenarie, für die Charaktere, doch in den Stromschnellen wird man so durcheinander geschüttelt, das man vor lauter Spannung das Buch nicht aus der Hand legen will. Am Ende sieht man den Wasserfalls auf sich zukommen. Und an der Kante zum Abgrund, schon halb in der Luft und den Absturz vor Augen, lässt Hobb die Geschichte des ersten Bands enden – ein Cliffhanger sondergleichen.

Fazit: Viele aktuell erfolgreiche Fantasy-Autoren nennen Robin Hobb als eines ihrer Vorbilder. Neben ihren grandios gezeichneten Charakteren gilt sie auch als einer der Vorreiterinnen was dunkle Fantasy anbelangt, den in ihren Büchern geschehen schreckliche Dinge, die der Leser direkt im Kopf des Ich-Erzählers miterlebt. Das alleine sind Gründe sie zu lesen. Und für jeden Fitz-Fan ist dieses Buch und damit die gesamte Trilogie natürlich ein absolutes Muss – hier wird niemand enttäuscht.

Was für mich vollkommen unverständlich ist, ist dass Random House Hobb nicht mehr ins Deutsche übersetzt. Der Ärger fing ja bereits mit den Regenwildnis-Saga an, bei der nur die ersten beiden von vier Büchern ins Deutsche übersetzt wurden. Es sieht aus als müssten deutsche Fans die Fitz and the Fool Trilogie auf jeden Fall auf Englisch lesen. Dafür erfreuen uns dann auch die wirklich schönen Cover der amerikanischen Ausgabe.

Autorin: Robin Hobb
Titel: Fool’s Assassin
Verlag: Del Rey
Ausgabe: Englische Ausgabe, 2014
ISBN: 978-0-553-39242-5